Christian Venzke in „La Cage aux Folles“ und „Rocky Horror Show“ auf der Bühne
Vom Redaktionsmitglied Lilo Murr
Noch ist sie klein, die Familie der deutschen Musical-Darsteller. Christian Venzke gehört seit 1990 dazu.. In „Grease“ stand er auf der Bühne, ebenso in „Funny Girl“ oder in der „Buddy Holly Show“. Am heutigen Abend agiert der Berliner bei der Wiederaufnahme von „La Cage aux Folles“ als peitschenschwingende Hanna. Und als schaurig-schöner Riff-Raff verzauberte er die Augsburger in der „Rocky Horror Show“.
Das wichtigste Utensil im Leben des 30jährigen ist ein dicker, gut eführter Terminplaner. Schließlich muß der blonde Sänger und Tänzer einiges unter einen Hut bringen: In Zwickau steht Christian Venzke derzeit als „Frank’n Furter“ in der „Rocky Horror Show“ auf der Bühne, in der Fuggerstadt als „Riff-Raff“ in demselben Musical, außerdem als peitschenschwingende Hanna in „La Cage aux Folles“. Im Herbst geht es dann für längere Zeit nach Wien. Endlich hat es beim Vorsingen mit der Rolle des „Tod“ in seinem Traumstück „Elisabeth“ geklappt.
Christian Venzke, der als Kind Tierpfleger und als Jugendlicher Goldschmied werden wollte, fand erst spät den Weg zur Bühne. „Ich hatte nie vor zu tanzen“, sagt er lachend. Doch ein Besuch in „Ricardo W.“, einem Ballett in der Deutschen Oper, brachte die Wende. Das Motto des Berliners: „Was die da auf der Bühne können, kann ich auch lernen.“ Die Umsetzung war bedeutend härter als vermutet. „Ich bin jeden Tag in eine Schule für klassischen Tanz gegangen und habe nebenbei gearbeitet.“ Nach vier Jahren versuchte Christian Venzke den Wechsel in eine andere Stadt. Doch es hagelte Absagen, in Stuttgart ebenso wie in München. Überall war er den Ballettchefs für eine weitere Ausbildung zu alt. „Eine bittere Erfahrung“, erinnert er sich.
Einfach losgezogen
Allerdings gehört Resignation nicht zum Naturell des gebürtigen, inzwischen in München lebenden Berliners. „Ich habe mir eine Vortanztournee zusammengestellt und bin einfach losgezogen.“ Dabei traf er auch auf den damaligen Augsburger Ballettchef Erich Payer. „Ihm habe ich viel zu verdanken.“ Dessen Rat: „Du bist noch nicht fertig, aber du mußt endlich auf die Bühne“, nahm sich Venzke zu Herzen und ergriff jede sich bietende Gelegenheit, um an Theatern einzuspringen. In Innsbruck ebenso wie in München oder in Augsburg, zum Beispiel als Maultiertreiber im „Mann von La Mancha“.
Irgendwann wußte der 30jährige, daß eine Karriere als Tänzer für ihn nicht mehr erreichbar war. Da er aber nicht in irgendwelchen Bewegungschören untergehen wollte, wandte sich Venzke dem Gesang zu. Später belegte er Step- und Jazztanzseminare. Um alles bezahlen zu können, verkaufte er Theatertickets.
Kleine Rollen in der „West Side Story“, „Follies“ und der „Linie l“ zeigten dem großen Blonden die Richtung, in die er gehen wollte. Dem ersten Engament als Chantal in „La Cage aux Folles“ am Theater Bielefeld folgte der Brad in „Rocky’s Crazy Horror Show“, um von Danny in „Grease“ abgelöst zu werden. Als das Berliner „Theater des Westens“ ihm eine interessante Ensemble-Rolle in „Sweet Charity“ anbot, sagte er ab. „Ich wollte Solist werden.“ Arbeitslos wurde Christian Venzke trotzdem nicht. Immer öfters arbeitete er als Choreograph, zum Beispiel bei „Cabaret“, „Linie l“ und „Funny Girl“ in Zwickau und Coburg.
Als 1994’die Produzenten der „Buddy Holly Story“ den Sänger und Tänzer verpflichteten, sah Christian Venzke „die große Chance meines Lebens“. Schießlich sprach alle Welt von dem Musical, für das in Hamburg ein eigenes Theater gebaut worden war. Doch der Traum platzte schnell. „Die Produktion war so chaotisch, daß ich manchmal fünf Minuten vor der Vorstellung erfuhr, was ich darstellen sollte.“ Natürlich habe er viel gelernt, aber sein Ziel, als Solist auf der Bühne zu stehen, nie aus den Augen verloren.
Christian Venzke ist aber nicht nur Tänzer und Sänger, er ist auch sein eigener Agent. Ein schwieriges und undankbares Kapitel, wie er sofort einräumt. „Ich bin in meinen Gagen nicht unverschämt, aber ich möchte für meine Leistung entsprechend bezahlt werden.“ Das Augsburger Theater hat er als besonders sparsam kennengelernt. Trotzdem steht er auch in der Schwabenmetropole gerne auf den Brettern, die für ihn wirklich die Welt bedeuten.