Friedrichstadtpalast – Die neue Revue „Wunderbar …“

Friedrichstadtpalast
Die neue Revue „Wunderbar – die 2002. Nacht“ ist vor allem Teamarbeit. „Sultan“ Karim Khawatmi und „Wesir“ Christian Venzke erzählen, warum ihre Auftritte nicht nur das Publikum begeistern, sondern auch sie selbst.

Kein Platz für Sta
Zitat aus ‚BerlinOnline‘ (31.05.2002)

Tausendundeine lange Nacht hat Scheherazade durchwacht. Erzählt hat sie dem Sultan eine Geschichte um die andere. Von Ali Baba und den 40 Räubern, von Sindbad dem Seefahrer, von Aladin mit der Wunderlampe. Sie tat es nicht nur aus Lust am Fabulieren. Schließlich musste der Sultan von seinen Mordgedanken abgebracht werden, nach jeder Liebesnacht eine Frau seines Begehrens umzubringen. Offensichtlich hat Scheherazade in dem fast dreijährigen Erzählmarathon nicht nur eine üppige Fantasie, sondern auch eine honigsüße Stimme eingesetzt.

In der Revue „Wunderbar – die 2002. Nacht“ verblüffen die Buchautoren Sascha Iljinskij, Jürgen Nass und Roland Welke mit Ungewohntem: Sie erzählen nicht nur, was nach tausendundeiner Nacht geschehen sein könnte. Sie tauschen auch die Ausgangspositionen der Hauptpersonen. Scheherazade, in der schönen Gestalt von Solotänzerin Susann Malinowski, ist nun wortlos. Sie erzählt die Begebenheiten mit der ganzen Kraft ihrer ungemein ausdrucksstarken Körpersprache.

Und aus dem einst nur zuhörenden Sultan wird ein stimmgewaltiger Sänger – Karim Khawatmi. Der junge Münsteraner, jetzt Wahlberliner, studierte als zweifacher Preisträger in der Sparte Musical beim „Bundeswettbewerb Gesang“ ab 1994 Musical/Show an der Berliner Hochschule der Künste. Schlag auf Schlag folgten Engagements. Und seit der Premiere von „Wunderbar – die 2002. Nacht“ begeistert er siebenmal in der Woche das Publikum. Bislang kamen mehr als 100 000 Zuschauer.

Der Musical-Mann Karim Khawatmi fühlt sich in der Großen Revue des Friedrichstadtpalastes pudelwohl. „Normalerweise gibt es große Unterschiede zwischen Musical und Revue“, sagt er. „Das Musical erzählt Geschichten, bei der Revue liegt der Schwerpunkt auf Tanz, gemixt mit einer Nummernfolge Gesang und Artistik. Ich meine, dem Friedrichstadtpalast ist eine gute Mischung von Musical und Revue gelungen. Weil hier auch eine Geschichte mit exzellenten Revue-Zutaten erzählt wird.“

Von Anfang an ist Karim Khawatmi auf die von Thomas Natschinski exklusiv für diese Show komponierte Musik „abgefahren“: „Die Mischung macht s. Da gibt es reichlich orientalische Elemente, auch Rock und Pop“, schwärmt der Sänger. Deshalb wird es auch nicht langweilig, Abend für Abend dieselben Titel zu singen.“ Karims absoluter Favorit ist das dramatische, wuchtige „Lamento“. Er gesteht: „Das singe ich absolut aus dem Bauch. Die melodiöse Schwere erzeugt in mir eine solche Spannung, dass ich fast in Trance bin.“ Und die Zuhörer sind – was in einer Revue sonst wohl kaum passiert – ergriffen. Wer das „Lamento“ wieder und wieder hören möchte, kauft sich natürlich die CD zur Revue. Darauf sind neben den becircenden Gesängen der Dinarsade (Isabel Dörfler/Katja Brauneis) auch die von einem schmeichelnden Bariton dargebotenen Lieder des Wesirs. Der wird verkörpert von dem Berliner Christian Venzke. Wie Karim Khawatmi kommt Venzke vom Musical: „Da sehe ich meine Zukunft, weil ich mit Tanz, Gesang und Schauspiel Geschichten erzählen kann“, resümiert er. Genau das bietet ihm auch die Revue „Wunderbar – die 2002. Nacht“. Und welches ist der Lieblingstitel von Christian Venzke? „Das sind gleich drei“, gibt er zu. „Tausendundein Mal“, gesungen von Isabel Dörfler, „Traumspiel dieser Nacht“, interpretiert von Karim Khawatmi, und „Bild aus Glas“, das er selbst singt. Der Sänger: „Die Musik von Thomas Natschinski fand ich auf Anhieb eingängig. Da waren wir drei Solosänger uns sofort einig. Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, auch weil ich zum ersten Mal in meiner Laufbahn die erste Besetzung bin.“ „Aber“, schränkt Christian Venzke ein, „ich bin kein Stadttheater-Typ, der die Bühne mit der Attitüde betritt: Hallo, jetzt kommt der Solist! Am Friedrichstadtpalast zählt nur die Teamarbeit.“ Karim Khawatmi stimmt zu: „Wir alle fahren gemeinsam jeden Abend mit 100 Prozent Einsatz. Das sind wir dem Publikum schuldig.“

Privat haben Christian Venzke und Karim Khawatmi gemeinsame, aber auch recht unterschiedliche musikalische Vorlieben. Logisch, dass beide ihr Herz an das Musical verloren haben. Karim Khawatmi ist allen musikalischen Richtungen gewogen: Klassik, Heavy Metal, Blues, Jazz, Sting. „Meine ganz große Liebe ist Filmmusik!“, schwärmt er.

Erstaunliches gibt Christian Venzke zu Protokoll. Er liebt besonders Wagners „Tristan“ und „Parsifal“, Richard Strauss und Erich Wolfgang Korngold. Er mag Milva wegen der Vielseitigkeit ihrer Liedtexte. Und er bekommt glänzende Augen bei dem Namen Barbra Streisand. „Sie ist wirklich ein Vorbild. Ein unerreichbares. Leider!“ Zwischen den beiden Vorstellungen am Sonnabend hat Christian Venzke einen großen Schreibblock vor sich. Um eigene Liedtexte zu schreiben. „Ich bevorzuge Liebesballaden“, erklärt er. „Weil es darin um Beziehungen und eigene Befindlichkeiten geht. Dazu gehört für mich auch Religion. Ganz einfach, weil man darin Halt finden kann.“

Wunderbar – die 2002. Nacht Regie: Jürgen Nass, Buch: Sascha Iljinskij, Jürgen Nass und Roland Welke, Musik: Thomas Natschinski, Musikalische Leitung: Detlef Klemm, Choreografie: Birgitta Nass, Gail Davies-Sigler und Marvin Smith. Gesangssolisten: Isabel Dörfler, Katja Brauneis, Karim Khawatmi, Christian Venzke. Ballettsolistin: Susann Malinowski. Artistik: Hunan Troup, Duo Volkov, Trio Nasikhov und Voltige Kieva. Ballett und Orchester des Friedrichstadtpalastes. Vorstellungen: Di-Fr 20 Uhr, Sa 16 & 20 Uhr, So 16 Uhr.

Kartentelefon: (030) 23 26 23 26, www. friedrichstadtpalast. de